die Kirche von Wennedach (langer Text)

Von Dorfgemeinschaft Wennedach

Die Kirche von Wennedach liegt an einer exponierten Lage am Ortsrand 565 m über NN.

Die heutige Kirche ist nicht mehr der ursprüngliche Bau. An ihrer Stelle stand einst eine gotische Kapelle, was aus dem unteren Teil des Turmes zu schließen ist. Authentisch war jedoch der Name des Gotteshauses aus dem Jahre 1442 als „Unserer lieben Frau Kapelle“. Erst im Jahre 1656 taucht die heutige Bezeichnung der Kirche zu den heiligen Aposteln Simon und Judas Thaddäus auf.

Am 25. April 1749 geriet in der Kapelle zu Wennedach ein Bauernknecht aus Zillishausen mit einem Kollegen aus Laupertshausen dermaßen in Streit, daß „Blut vergossen und dadurch die Kapelle entweiht wurde“. Abt Benedikt Denzel aus Ochsenhausen ließ die Kapelle 1751 neu erbauen. Die Kapelle hat mit Einschluß des Chores eine Länge von 19,5 Metern und eine Breite von 7,5 Metern.

Der Turm läßt deutlich zwei verschiedene Bauzeiten erkennen. Der untere viereckige Teil mit schießschartenartigen, schmalen Fensterlücken ist gotisch, der obere, achteckige Teil barock. Von den 3 Glocken des Turmes stammt die kleine etwa aus dem Jahre 1300. Während des Weltkrieges wurde sie in der Pfarrkirche zu Reinstetten zur Verfügung gestellt, damit man dort, als 3 Glocken abgenommen waren, wenigstens zusammenläuten konnte. Als Reinstetten 2 Glocken zurückerhielt, kam die kleine Glocke wieder an ihren früheren Platz auf dem Wennedacher Turm. Die große Glocke aus dem Jahr 1826 zeigt als Reliefbild Maria mit dem Jesuskind. Die mittlere Glocke trägt die Inschrift „S. S. Joanni et Paulo et Francisco Xaverio, omnipotenti Deo et sanctae Mariae“ und trägt die Jahreszahl 1966.

Im Turm befindet sich eine alte, von der Herstellerfirma Hörz aus Ulm betreute mechanische Turmuhr. Sie wurde am 30.04.1948 in Betrieb genommen. Das Läutewerk der Glocken wurde 1956 installiert.

Neben dem spätmittelalterlichen Turm, erstanden ein flachgedecktes Schiff und – hinterm Ochsenhauser Doppelwappen und Chorbogen – ein dreiseitig endender Altarraum.

Wertvolle Ausstattungsstücke sind die drei gotischen bzw. barocken Madonnen, zu denen laut Ausweis der Votivbilder jahrhundertelang gewallfahrt wurde. (Von den Votivbildern sind nur noch wenige vorhanden). Der Volksmund redet noch Anfang 1900 von der „dreifachen Muttergottes in Wennedach“. Nach den Angaben des Abtes Ehinger von Ochsenhausen und des Pfarrers Weber von Reinstetten war im 18. Jahrhundert Wennedach ein stark besuchter Wallfahrtsort. Nach Aufhebung der Klöster hörte die Wallfahrt auf.

Die erste Marienskulptur, im direkten Blickfeld des Kirchenbesuchers, befindet sich in der Mitte des spätbarocken Hochaltars unter einem Baldachin, eine reife „Syrlin Madonna“ der Ulmer Schule. Sie steht auf einer Mondsichel und ist von den beiden weißgefassten Kirchenpatronen Simon und Judas flankiert. Beide hl. Apostel sind abgebildet mit den Werkzeugen, durch die sie den Tod fanden: der hl. Simon mit der Säge und der hl. Judas Thaddäus mit der Keule. Sie stammen von Anton Sturm, einem Südtiroler Schnitzer, dessen Figuren auch in der Wieskirche oder im Buxheimer Marianum zu sehen sind.

Auf der Evangelienseite (Nordwand) des vorderen Schiffes ist auf einer Konsole eine zweite spätgotische stehende Madonna mit reichem Faltenwurf, ebenfalls aus der Ulmer Provenienz. Das Jesuskind hat seinen Arm an den Hals seiner Mutter gelegt. Die Figur wird eindeutig Hans Multscher zugeordnet und war auch bei der großen Multscherausstellung im März 1993 in Leutkirch zu sehen.   

An der rechten Wand sieht der Besucher eine in der Frühgotik monumental geschnitzte, noch von der hierarchischen Strenge der ausklingenden Romantik (12. Jahrhundert) geprägte Muttergottes- Statuette. Das auf den Knien sitzende Kind ist frontal in die Mitte gerückt und streichelt das Kinn der Mutter.

Die Kronen der drei Madonnenbilder, ursprünglich aus dem 18. Jahrhundert, wurden 1960 neu angefertigt.

Einen engen Bezug zu dieser „Unserer lieben Frau Kapelle“ hat auch die geschnitzte Figurengruppe „Krönung Mariens“ auf dem rechten Seitenaltar, sowie ein gut überliefertes Deckenbild von 1751. Es zeigt Maria auf den Wolken, von kleinen Engeln umgeben. Zu ihren Füßen sind die beiden Patrone Simon und Judas Thaddäus, sodann St. Augustinus und St. Gregor der Große. Es ist gleichsam eine Antiphon auf die drei Marien dieser in Oberschwaben einzigartigen Wennedacher Kapelle. 

Spätgotisch außerdem der im 18. Jahrhundert umgearbeitete St. Sebastian. Frühbarocken Ursprungs hingegen als Kanzelengel der Erzengel Raphael mit dem Fisch dargestellt und der Volkspatron Veit (17. Jahrh.). Johann Baptist Hops aus Mietingen schnitzte das Chorbogenkreuz und eindrucksvoll außerdem zur Rechten den Geiselheiland (Ecce Homo). Vom gleichen Künstler stammt auch die Figur des hl. Papstes Sylvester (darunter die Jahreszahl 1710). Zu seinen Füßen sieht man einige Haustiere abgebildet, gilt er doch als Schutzpatron für Tierhaltung.     

Zwei frühere Hochaltargemälde sind rechts über der Türe und links neben der Kanzel im Kirchenschiff zu finden. Beim ersten Bild, einem Geschenk der Baronin von Sommershausen, ist die Deutung ungenau. Es könnte Maria Magdalena darstellen oder aber auch Maria Empfängnis. Gabriel, der Engel der Verkündigung, gießt einen Krug über Maria, üblicherweise im blauen Gewand dargestellt, aus, als Symbol der Empfängnis. Beim zweiten Bild handelt es sich um ein Aufsatzbild „der frommen Mutter Creszentia“ von Kaufbeuren (gest. 05.10.1744) mit ihrer Vision des hl. Geistes als Jüngling. Links neben der Kanzel hing ein drittes Bild, eine Darstellung des Erzengels Michael, ein Geschenk von Kardinal Faulhaber. Diese Bild wurde anlässlich der Einweihung des Laubacher Gemeindehauses „Sankt Michael“ 2008 ausgeliehen.      

Nachdem im Jahre 1794 das Kircheninnere im klassizistischen Sinne umgeändert war, verblieb die Kapelle in dieser Ausstattung längere Zeit. 1873 schlug der Blitz bei einem Gewitter in den Turm, so dass dieser in seinem oberen Teil erneuert werden musste. Im Jahre 1922 wurde auf Veranlassung des Pfarrers Dr. Johner die Kapelle von Wennedach restauriert.

So lesen wir aus den Forschungen des Pfarrers Dr. Johner aus dem Jahr 1920:

„… so daß sie zu einer Stätte erbaulicher Andacht und zu einem Schmuckkästchen kirchlicher Kunst geworden ist. Die Dorfgenossen hatten es nicht an der finanziellen Hilfe zum besten der Kapellenrenovierung fehlen lassen“.

In den Aufzeichnungen der Ordensschwester M. Corona Steinhauser aus Wennedach finden wir folgendes über die Kapelle (Titel „Reinstetten – ein Dorf in Oberschwaben“ aus dem Jahr 1968):

Die Pfarrregistratur in Reinstetten besitzt noch einen Pergamentstreifen, ausgestellt am 21.Januar 1713, unter dem Pontifikat Clemens XI., worin allen jenen, welche die Filialkirche Wennedach und ihren Altar besuchen und daselbst nach der Meinung des Hl. Vaters beten nach vorausgegangener Beicht und Kommunion ein vollkommener Ablaß gewährt wird.

In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stifteten die Freiherren von Freyberg eine hl. Messe, die alle 14 Tage vom Pfarrer von Laupertshausen gelesen werden mußte. Neben dem Pfarrer von Laupertshausen las auch der Pfarrer von Reinstetten alle 14 Tage eine hl. Messe in Wennedach, so daß die Wennedacher von jeher wöchentlich eine hl. Messe in ihrer Kapelle hatten. Diese Übung läßt sich 1608 schriftlich belegen.

Das Lesen der wöchentlichen hl. Messe besteht noch bis auf den heutigen Tag. Allerdings wurde der Pfarrer von Laupertshausen 1832 seiner Verpflichtung enthoben.

Die Inschrift über dem Türsturz lautet:

Jesu X Po aeterno sacerdoti secundum ordinem MeLChIseDeCh

(Jesu Christo, dem ewigen Priester nach Ordnung des Melchisedech gegeben, geweiht. In den großgeschriebenen Buchstaben des Wortes Melchisedech lesen wir die Jahreszahl 1751).

Das kleine Kirchlein ist nicht nur ein Ort frommer Tradition gewesen, sondern es birgt auch wertvolle alte Kunstschätze. Wohl hat der mangelnde Kunstsinn des vorigen Jahrhunderts sich auch an dieser Kirche vergriffen, aber Pfarrer Dr. Johner ließ mit Zustimmung des Landesamtes für Denkmalpflege im Jahre 1921 die Kapelle neu restaurieren. Die Ausführungen fielen wesentlich anders aus, als sie ursprünglich geplant waren. Das hatte seinen Grund in den Überraschungen, welche die ihrer Tünche entledigten Flächen des Kircheninneren auf einmal boten. Pfarrer Johner schreibt in seinen Aufzeichnungen: „Dank der vorsichtigen Aufdeckungsarbeiten offenbarte sich bald Farbe und Leben, Kunst und Altertum schauten neugierig aus den abgekratzten Stellen hervor. Zwei Zeiten und zwei Stilrichtungen tauchten aus dem Hintergrunde auf. Die eine, die Zeit des Barocks aus dem Jahre 1751, wo an den mittelalterlichen Chor das Langhaus gebaut wurde, die andere aus dem Jahre 1794, wo das Kircheninnere im klassizistischen Stil verändert wurde. Beide Stilarten vertragen sich gut miteinander, und so wurde die Kirche in ihren ehemaligen schlichten, aber warmen Tönen gehalten.“

1960/61 wurde die Wennedacher Kapelle erneut instandgesetzt. Aber diesmal handelte es sich nur um ein Auffrischen der Farben. Doch erhielt sie jetzt ein neues Gestühl. Seit dieser Zeit ist auch das Allerheiligste in der Kapelle.

Im Zuge dieser Renovation 1960 wurden außerdem die drei Madonnen an ihren jetzigen Platz umgestellt, und die übergroßen Kronen aus dem 18. Jahrhundert durch kleine barocke Kronen ersetzt. Die Bänke wurden von Wennedacher Familien gestiftet, eine kleine Holztafel an jeder Bank erinnert an den jeweiligen Spender.      

1981 wurde eine weitere Innenrenovation der Kapelle begonnen. Der untere Teil des Turmes blieb beim Erbauen der Kapelle 1751 bestehen und an der Verbindungsstelle Turm – Kapelle zeigen sich immer wieder Risse. Der Innenraum wurde renoviert, die Risse abgedeckt, die Farben aufgefrischt und das Dach neu eingedeckt.  Anfang Dezember 1985 fand in Reinstetten ein Bazar statt, zugunsten der Renovation der Kapelle in Wennedach und der neuen Kirchenorgel in Reinstetten.

Die jüngste Renovation wurde 2008/2009 ausgeführt. Feuchtigkeit und ein maroder Dachstuhl zwangen zum Handeln. Mit Beginn der Arbeiten zeigte sich, dass wir 3mal Glück hatten: Das Dachgebälk über der Türe war dermaßen marode, dass sogar die Decke einzustürzen drohte; bei der Freilegung des Turmes haben wir gesehen, dass kein Fundament vorhanden war. Wir mussten das Leutewerk abschalten, um ein Umfallen des Turmes zu verhindern und zum dritten stellten wir fest, dass die westliche Giebelwand nicht mehr mit dem Dach verbunden war. Die Verbindungen der Balken und Streben waren nicht mehr vorhanden. Ein Sturm hätte die ganze Wand zum Einsturz gebracht. Unsere Wennedacher Senioren haben tatkräftig mitgeholfen. Aufgrund dieser Einsparungen konnte sogar die Kirche und der Turm neu gestrichen werden und neue Zifferblätter und Zeiger angeschafft werden. Das Kircheninnere wurde 2010 gestrichen und Malereien restauriert.

Vor 1803 wurde die Reinstetter Pfarrgemeinde (und damit auch Wennedach) von Ordensgeistlichen der Benediktinerabtei Ochsenhausen betreut, danach von Weltgeistlichen. Folgende Pfarrer werden aufgeführt:

   …..

   1792-1803   Pater Bruno Bischof, OSB

   1803-1807   Lorenz Bayerhof

   1807-1831   Maximus Weber

   1832-1869   Dominicus Herderer

   1870-1884   Albert Mattes

   1885-1912   Philipp Albert Hasler

   1913-1924   Dr. Moritz Johner

   1924-1932   Matthias Laupheimer

   1932-1940   Wilhelm Ehrle

   1940-1961   Alois Gromer

   1961-1986   Alfons Baier

   1986-1991   Franz Schmid

   1991-1994   Prof. Ludwig Haas

   1994-2006   Rupert Willburger

   2007-2020   Thomas Augustin

   Seit 26.09.2021  Dr. Thomas Amann